Das Bewerbungsgespräch – 6 Typen, die mir immer wieder begegenen

Sind Sie gerade auf der Suche nach einem neuen Job oder möchten Sie sich beruflich verändern? Dann kommen Sie um Bewerbungsgespräche nicht drum rum.
Ich führe von Berufs wegen viele Jobinterviews und habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass es auch unter Bewerbern immer wieder dieselben Typen gibt.

Hier verrate ich Ihnen meine „Bewerber-Typologie“:

Der Streber

Den Streber erkennt man – wie in der Schule – daran, dass er eine perfekt vorbereitete Mappe mitbringt. Sie enthält nochmal seine Bewerbungsunterlagen und die Nachweise für alle 186 besuchten Weiterbildungen in Form einer Hochglanzbroschüre. Außerdem hat er einen Stapel Ausdrucke aus dem Internet mitgebracht, den er betont vor sich auf dem Tisch drapiert, damit der Personaler auch gleich das Firmenlogo sieht.
Natürlich weiß der Streber auf jede Frage eine Antwort und erzählt genau das, was man im Gespräch „idealerweise“ sagen soll. Immerhin hat er einschlägige Ratgeber gelesen. – Noch Fragen zum Unternehmen? Aber klar: Jetzt arbeitet er systematisch seine lange Liste vorbereiteter Fragen ab.

Körpersprache: Aufrechte Körperhaltung – zur Unterstützung ist ein Lineal im Rücken implantiert. Sein Gesichtsausdruck ist angespannt und hochkonzentriert.

Die Devise: Frag mich, frag mich – ich will dir zeigen, was ich alles kann und weiß!

Der Schweigsame

Der Schweigsame geht effizient mit Wörtern um. Zu effizient. Denn er spricht grundsätzlich nur, wenn er gefragt wird – und auch dann geht er äußerst sparsam vor. Wird er aufgefordert, was von sich zu erzählen, repetiert er den hinlänglich bekannten Lebenslauf und schafft das locker unter 30 Sekunden!
Will man mehr über ihn wissen, muss man ihm jedes Wort aus der Nase ziehen. Fragen zum Unternehmen oder der Position hat er nicht – das Gespräch mit einem Schweiger ist normalerweise nach 10 Minuten beendet. Fragen zum Arbeitsplatz und zur Firma hat er nicht. Dafür hält er „gute Kommunikation“ für eine seiner besonderen Stärken.

Körpersprache: ausdruckslose Miene, manchmal auf die Tischplatte fixiert – oft mit verschränkten Armen anzutreffen

Die Devise: Ich rede, wenn ich gefragt werde.

Der Lässige

Der Lässige ist ein angenehmer Zeitgenosse – häufig mit hohem Unterhaltungswert aber leider wenig Substanz. Er ist völlig entspannt und so locker, dass er sich überhaupt nicht auf das Gespräch vorbereitet hat.
Die Fragen beantwortet er spontan und aus dem Bauch heraus. Dabei verwechselt er dann schon mal das eine oder andere Ereignis in seinem Lebenslauf. Egal – Hauptsache es ist eine gute Geschichte, denn er liebt es, lustige Anekdoten aus seinem (Berufs-)Leben zu erzählen. Auch solche, bei denen er selber nicht ganz so gut wegkommt, denn er hat Humor und kann über sich selber lachen.

Körpersprache: entspannte offene Haltung, direkter Blickkontakt, freundlicher Gesichtsausdruck – lacht viel und redet mit Händen und Füßen.

Die Devise: Schön, dass wir uns kennengelernt und miteinander geplaudert haben – auch wenn es mit dem Job nichts wird.

Der Schüchterne

Der Schüchterne hält sich nicht nur zurück, er macht sich möglichst klein. Denn schließlich ist er hier der Bittsteller und sowieso davon überzeugt, dass er die Stelle nicht kriegen wird. Darum ist er auch sehr zurückhaltend mit dem, was er sagt. Oft spricht er so leise, dass sich der Personaler richtig konzentrieren muss.
Bei gutem Zureden erfährt man einiges von ihm, zum Beispiel, dass er keine einzige Sache wirklich richtig gut kann, es aber mindestens fünf Punkte gibt, in denen er sich noch verbessern möchte. In puncto Geld ist der Schüchterne übrigens der Liebling aller Unternehmen – er arbeitet für jedes Gehalt, das man ihm anbietet.

Körpersprache: zusammengesunken mit Blick auf den Tisch oder einen Punkt an der Wand, häufig zitternde Hände und manchmal verfärbt sich sein Gesicht zart rosa

Die Devise: Hoffentlich komme ich hier lebend raus!

Der Star

Trommelwirbel – hier kommt der Star unter den Bewerbern. Er ist immer und überall von sich und seinen grandiosen Fähigkeiten überzeugt. Ihn braucht man nichts zu fragen. Er erzählt unaufgefordert von seinen größten Erfolgen und dass sein Chef und seine Kollegen ohne ihn völlig hilflos sind.
Natürlich hat er alle „Buzz-Words“ drauf und freut sich ganz besonders auf kritische Nachfragen. Denn die deutet er sofort gekonnt so um, dass er wieder bei seinen Stärken und Erfolgen landet. Zum Unternehmen und der Position möchte er vor allem wissen, was er verdienen kann und welche Aufstiegsmöglichkeiten er hat. Hat man das für ihn zufriedenstellend beantwortet, lautet seine letzte Frage „Wann soll ich beginnen?“.

Körpersprache: raumeinnehmend: lehnt sich zurück, häufig die Arme ausgebreitet oder auf die Lehne des Nebenstuhls drapiert, Männer gerne breitbeinig – grinst nonstop extrabreit und hält das für ein gewinnendes Lächeln.

Die Devise: Ich kann alles und überall – Sie können froh sein, wenn ich für Sie arbeite!

Der Normalo

Der Normalo ist einfach er selbst. Etwas nervös, weil so ein Interview eine Ausnahmesituation ist. Manchmal auch selbstbewusst, weil er weiß, dass er genau richtig für diese Stelle ist.
Er hat sich schon besonders vorbereitet, möchte aber doch, dass die Firma ihn so kennenlernt wie er ist. Also Schokoladenseite, ohne Übertreibungen. Außerdem fragt er genauer nach, was er alles können und mitbringen muss. Denn er will ja selbst, dass alles passt.
Mit typischen Bewerbungsfragen – wie den Stärken oder „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“ – kommt er klar und auch er möchte einige Dinge über die Firma, die Aufgaben und Kollegen erfahren.

Körpersprache: entspannt aber konzentriert, dem Gesprächspartner zugewandt, hält Blickkontakt

Die Devise: Super – ich bin eingeladen worden und habe jetzt die Möglichkeit herauszufinden, ob der Job in dem Unternehmen das Richtige für mich ist.

Na, haben Sie sich in der einen oder anderen Beschreibung wieder erkannt? Oder gehören Sie gar zu den Chamäleons oder Chimären?
Denken Sie bitte auch daran, dass man sich im Regelfall selten bewirbt. Manchmal benimmt man sich im Job-Interview gerade deshalb ganz anders als normal.
Vielleicht hilft Ihnen die Typologie ja dabei, in Ihre nächsten Bewerbungsgesprächen etwas gelassener zu gehen und sich etwas „dosierter“ zu präsentieren.

Ich wünsche Ihnen dabei viel Erfolg!